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Zwei Konferenzen (01. und 08. Februar) und Großdemonstration am 01. März 2014
Eine neue Phase in unserem Kampf!
Ein Jahr nach der Beendigung des EU Programms “emergencia Africa norte”, ein Jahr Leben auf der Straße, drei Jahre nach dem NATO Krieg in Libyen, drei Jahre seit dem Trauma des Krieges und dem Verlust von allem außer dem nackten Leben, zehn Monate des Kampfes für die Anerkennung unserer Rechte in Hamburg, zehn Monate zwischen der Solidarität aus der Gesellschaft und der Ignoranz durch die Regierung steht unser Leben und das unserer Familien immer noch auf dem Kopf. Mit fortschreitender Zeit ohne Veränderung unserer rechtlichen Situation, die uns ermöglichen würde, endlich ein „normales“ Leben zu beginnen, wächst die psychische Belastung auf die Mitglieder unserer Gruppe. Der Satz „Wir haben nicht den NATO Krieg in Libyen überlebt, um auf Hamburgs Straßen zu sterben“ wurde oft von Außenstehenden als übertrieben bezeichnet. Continue reading →
Friends of Lampedusa
Anfang Dezember erfolgte ein Aufruf: „Die Gruppe “Lampedusa in Hamburg” möchte sichtbar machen, wie breit die Unterstützung für die Gruppe und ihre Forderungen ist. Dafür soll eine Liste von “Freund_innen von Lampedusa” auf der Internetpräsenz der Gruppe veröffentlicht werden.“
Darufhin haben sich bereits mehr als 170 250 ! Netzwerke, politische Gruppen, Einrichtungen, Vereine, Institutionen, Geschäfte, Bündnisse und Verbände gemeldet. Das ist großartig! Hier der aktuelle Stand vom 22.01.14.
Die Liste ist weiterhin offen. Wer also noch zu den FreundInnen der Gruppe Lampedusa in Hamburg gezählt werden möchte, schreibt an: fcsphilftlampedusa@gmx.de Wer sich als Privatperson solidarisieren möchte, kann dies gern bei der Aktion „Wir sind mehr“ tun.
Stellungnahme zu aktuellen Themen bezüglich unserer Politik – Diskussion um Gewalt
Hamburg, 18.12.2013. Wir wollen gerne die Gelegenheit ergreifen um über Gewalt zu sprechen, denn als Kriegsflüchtlinge aus Libyen waren wir Opfer von mehr als genug Gewalt.
Die brutale NATO-Intervention hat uns alles genommen, was uns lieb war. Wir verloren unsere Familien und verloren alles aus unserem früheren Leben. Wir erlebten Gewalt auf dem Mittelmeer und viele von uns liegen tot auf dem Meeresboden. Die unmenschliche Gewalt der Ungerechtigkeit dauerte in Italien an, wo wir unter körperlich und psychisch verheerenden Bedingungen lebten. Das Leben auf den Straßen Hamburgs; Kriminelle genannt zu werden; die Verweigerung grundlegender Menschenrechte; von der Polizei gejagt zu werden wie Tiere – das ist auch Gewalt. Was wir jetzt brauchen, ist eine Heilung von unseren gewalttätigen traumatischen Erfahrungen. Wir brauchen die Möglichkeit, unsere Leben wieder aufzubauen.
Deshalb wollen wir Alle bitten, Gewalt aus einer umfassenderen Perspektive zu betrachten. Dies bringt uns Alle näher an die Wahrheit.
Wir Mitglieder der Gruppe “Lampedusa in Hamburg” und unsere Unterstützer_innen glauben, dass friedliche Proteste der beste Weg sind, um unsere Ziele zu erreichen. Wir sind unseren Unterstützer_innen sehr dankbar: Frauen, Männer, Studierende und sogar junge Schulkinder, die zusammen gekommen sind, um sich uns auf gemeinsamen Solidaritätsaktionen anzuschließen. Wäre die Hilfe unserer Unterstützer_innen nicht gewesen, wären wir auf den Straßen Hamburgs gestorben. Stattdessen hat sich “Lampedusa in Hamburg” zu einer friedlichen Protestbewegung entwickelt, an der sich Tausende beteiligen.
Wir wollen darauf hinweisen, dass, obwohl so viele Menschen an unseren Demonstrationen teilnehmen, es nie zu Straftaten oder Gewalttaten kam. Dies zeigt die Disziplin, Selbstkontrolle und Kraft unserer friedlichen Protestbewegung. Gewalt auf der Straße wurde nicht von Mitgliedern von “Lampedusa in Hamburg” ausgeübt. Gewalt trat als Reaktion auf Staatsgewalt auf. Menschen sind von der Politik und den Methoden des Staates frustriert. Wir teilen die gleichen Frustrationen, haben aber eine andere Meinung, wie wir unsere Ziele am besten erreichen.
Es ist wiederholt vorgekommen, dass wir für Aktionen verantwortlich gemacht wurden, die in unserem Namen ausgeführt wurden. Wir wurden auch angehalten, diese zu kontrollieren und zu stoppen. Wir wollen eines klarstellen: Es ist für uns unmöglich, Disziplin unter den verschiedenen Protestierenden durchzusetzen. Außerdem finden wir es befremdlich, dass wir Probleme lösen sollen, die wir nicht verursacht haben – diese Gruppen sind Teil der deutschen Gesellschaft. Sie verleihen ihrer Wut Ausdruck, wie sie es schon immer getan haben, auch lange bevor es “Lampedusa in Hamburg” überhaupt gab. Wir weigern uns, für ihr Handeln verantwortlich gemacht zu werden.
Zum Thema Gewalt müssen wir noch eine weitere Anmerkung machen: Teile der Regierung und der Polizei scheinen daran interessiert zu sein, Gewalt in unsere wöchentlichen Demonstrationen hineinzutragen. Seit drei Wochen umringt mehr und mehr Polizei unsere friedlichen Proteste. Bei der letzten Demo wurden sogar Polizeihunde eingesetzt, die die Demonstrant_innen aggressiv anbellten. Die Bereitschaftspolizei marschierte teilweise in Körperkontakt mit den Teilnehmer_innen. Wir mussten die Demonstration unterbrechen, um die eskalierte Situation zu klären. Auf dem Weg zurück kletterte ein Demonstrant, der sich von den sich aggressiv gebärdenden Hunden provoziert fühlte, über die von der Polizei errichtete Absperrung.
Obwohl er keine Gefahr für die Dutzenden Polizist_innen hinter der Absperrung darstellte, ließ ein Beamter seinen Hund von der Leine und er attackierte den Demonstranten. Die anderen Teilnehmer_innen protestierten lautstark und die Polizei reagierte mit dem Einsatz von Pfefferspray und Schlagstock.
Seit mehr als sieben Monaten demonstrieren wir nun entschlossen und friedfertig. Die Polizei weiß das selbst am besten. Doch der Senat weigert sich nach wie vor, unseren berechtigten Forderungen nachzukommen, die von tausenden Hamburger_innen unterstützt werden. Nun scheint es, als wolle die Hamburger Regierung die öffentliche Aufmerksamkeit von unserer katastrophalen Lage und unserem Kampf um Gerechtigkeit ablenken, und stattdessen ein Bild von uns zeichnen, das uns als gewalttätig darstellt. Und das, obwohl sie selbst uns Gewalt antun, indem sie uns verweigern, ein neues Leben aufzubauen. Die Absicht, die dahintersteckt, die Proteste eskalieren zu lassen, ist ziemlich deutlich: Menschen sollen Angst bekommen, sich unseren Protesten anzuschließen, Demoteilnehmer_innen kriminalisiert werden, und es soll vom politischen Inhalt unserer Demonstrationen abgelenkt werden.
Wir sind uns sicher: Auf unserer 4. Adventsdemo am Samstag (21.12.) würden weitere Provokationen stattfinden, allein aufgrund des massiven Polizeiaufgebots, mit dem die Stadt auf die Mobilisierung für den Erhalt des linken Kulturzentrums “Rote Flora” reagiert. Doch wir werden nicht zulassen, dass mit unserem Protest dieses Spiel getrieben wird. Darum werden wir statt der Demo nur eine Kundgebung – ab 12 Uhr am Protestzelt – abhalten. Alle Unterstützer_innen sind herzlich willkommen!
Kommentar zum Angebot des Senats
Wir wollen hiermit noch einmal den „Vorschlag des Senats“ aus rechtlicher und menschlicher Sicht kommentieren, da es viel Verwirrung darum gab, dass dieser annehmbar sei.
In der jetzigen Form bietet der Vorschlag, entgegen den Aussagen der Senatsmitglieder und der Abgeordneten der SPD, keinerlei rechtliche Sicherheit und auch keine Lebensperspektive für die Gruppe Lampedusa in Hamburg.
Der Senatsvorschlag beinhaltet, dass wir Flüchtlinge der Gruppe Lampedusa in Hamburg einzeln Anträge auf Aufenthalt stellen und dann eine Duldung für die Dauer des Verfahrens erhalten sollen. Das Verfahren kann durch sämtliche gerichtliche Instanzen und den Eingabeausschuss bis zu drei Jahren dauern.
Eine gemeinsame Grundlage für die Entscheidung soll es in diesem Verfahren nicht geben, d.h: es wurden keine die gemeinsame Fluchtgeschichte der Gruppenmitglieder betreffenden Kriterien benannt, bei deren Erfüllung ein Bleiberecht erteilt werden soll. Vielmehr wurde durch Behördenvertreter sowie Senatsmitglieder und Oberbürgermeister Scholz immer wieder darauf hingewiesen, dass gemäß der alle Mitglieder der Gruppe betreffenden gemeinsamen Fluchtgeschichte kein Recht auf Aufenthalt erteilt werden soll und die Anträge dem entsprechend negativ beschieden werden würden.
Was also bleibt, ist das Angebot einer Duldung für die Dauer des Verfahrens. Eine Duldung bedeutet jedoch nichts weiter als einen befristeten Schutz vor Abschiebung. Eine Duldung kann jederzeit widerrufen werden und beinhaltet keine Arbeitserlaubnis (bzw. frühestens nach 1 Jahr) oder weitere Rechte. Viele Flüchtlinge leben seit bis zu zwischen 10 und 20 Jahren mit einer Duldung in bundesdeutschen Flüchtlingseinrichtungen. Sie verzweifeln, da sie keine Lebensperspektive haben und nicht am gesellschaftlichen Leben teilhaben können.
Durch eine am 1. Dezember 2013 in Kraft tretende Neuregelung des Asylverfahrensgesetzes besteht zudem die Gefahr, dass die behördliche Zuständigkeit für die Mitglieder der Gruppe zum Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg wechselt. Dadurch könnten dann sämtliche Versprechungen aus Hamburg hinfällig werden.
Während des Verfahrens, das der Senat vorschlägt, sollen wir als Antragsteller vermeintlich vor Abschiebung geschützt sein und nach neun Monaten eine Arbeitserlaubnis erhalten können. Eine Arbeitserlaubnis wird aber nur dann erteilt, wenn für die jeweilige Arbeitsstelle keine bevorrechtigten Arbeitnehmer zur Verfügung stehen. Das bedeutet, dass wir mit einer Duldung faktisch keine Chance auf eine Arbeitserlaubnis haben.
Für die Zusagen, insbesondere einer Duldung für die Dauer des Verfahrens – durch die parlamentarische bzw. Senatsebene wollten die Behördenvertreter in Gesprächen jedoch keine rechtsverbindliche Sicherheit geben. Da es in diesem Rahmen dazu schlicht und einfach keine rechtliche Möglichkeit gibt. Zudem haben sowohl Behördenvertreter als auch Senatsmitglieder und Oberbürgermeister Olaf Scholz immer wieder betont, dass letztendlich für uns nur eine Abschiebung nach Italien oder sogar in unsere Heimatländer beabsichtigt ist. Auch unsere AnwältInnen sagen, dass der vom Senat vorgeschlagene Weg für die meisten von uns früher oder später zu einer Abschiebung führt.
Rechtlich besteht die Gefahr, dass unsere italienischen Papiere ihre Gültigkeit verlieren, wenn wir uns auf das vorgeschlagene Verfahren einlassen. Mit den italienischen Papieren haben wir allerdings einen humanitären oder politischen Schutzstatus innerhalb der Europäischen Union erhalten. Wir sind als Kriegsflüchtlinge anerkannt. In Italien besteht jedoch keine Möglichkeit zu überleben, da der „EU Hilfsfonds für Libysche Kriegsflüchtlinge“ im Dezember 2012 auslief – und wir darauf folgend genötigt wurden das Land zu verlassen.
Wir fragen uns warum die politisch „Verantwortlichen“ versuchen mit faktisch nicht durchführbaren Vorschlägen bzw. nicht umsetzbaren Zusicherungen Verwirrung zu stiften.Der Senat kann sich nicht über die Gesetze stellen. Der Vorschlag beinhaltet Aspekte die den rechtlichen Regulierungen widersprechen. Der Gesetzgeber hat der Politik aber ein Gesetz an die Hand gegeben, um für bestimmte Gruppen und Situationen, ein vereinfachtes Verfahren für eine Gruppenlösung anzuwenden – das ist der §23 Aufenthaltsgesetz.
Gemäß Paragraph 23 des Aufenthaltsgesetzes kann uns ein Aufenthaltsrecht gegeben werden. Dieser Paragraph ist für Kriegsflüchtlinge gemacht und wurde in einer Vielzahl von Fällen bereits angewandt. Aufgrund humanitärer oder völkerrechtlicher Gründe kann demgemäß Gruppen mit einem gemeinsamen Schicksal ein Aufenthaltsrecht erteilt werden. Diese Regelung ist der rechtsstaatlich vorgesehene Weg für Menschen in unserer Situation. In einem Verfahren gemäß § 23 werden natürlich auch die Identitäten offengelegt. Dem Senat fehlt lediglich der politische Wille ihn auch bei uns anzuwenden.
Auch 111 AnwältInnen aus Hamburg haben auf einer Pressekonferenz und in einer Erklärung zum Ausdruck gebracht: „Wir fordern den Senat auf, hierfür (für die Gruppe Lampedusa in Hamburg) das vom Gesetzgeber zur Verfügung gestellte Instrument des § 23 Aufenthaltsgesetz zu nutzen. Dies ist der einzige Weg, um den Betroffenen Gewissheit über ihr aufenthaltsrechtliches Schicksal zu verschaffen und klarzumachen, ob ein politischer Wille besteht, die humanitäre Notlage zu beenden.“
Die AnwältInnen stützen unsere Argumentation, große Teile der HamburgerInnen unsere Forderungen. Deshalb setzen wir uns weiter für eine Gruppenlösung gemäß § 23 Aufenthaltsgesetz ein und fordern den Senat auf sich auf einen ernstgemeinten Dialog einzulassen, anstatt Angebote zu machen, die nicht annehmbar und in der dargebotenen Form gar nicht umsetzbar sind.
Unsere Traumatisierung durch Krieg und Flucht und unser Recht auf Aufenthalt und Arbeit sowie ein menschenwürdiges Leben werden ignoriert. Eine Perspektive auf ein menschenwürdiges Leben, hat uns der Senat zu keinem Zeitpunkt angeboten. Deshalb gibt es für uns nur die Möglichkeit das zweifelhafte Angebot des Senates abzulehnen.
Jeder von uns sehnt sich nach Ruhe, nach einer Normalisierung, nach etwas Stabilität und vor allem einer Perspektive und dem Ende der Unsicherheit. Wir stützen uns weiterhin gegenseitig und auf die Herzlichkeit und Aufrichtigkeit großer Teile der Hamburger Bevölkerung.
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