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Öffentliche Erklärung März 2014
Seit fast einem Jahr kämpfen wir in Hamburg für das Recht auf ein menschenwürdiges Leben nach unserer Flucht vor dem NATO-Krieg in Libyen. Seit drei Jahren ist uns jede Möglichkeit verwehrt, zu arbeiten und uns selbst und unsere Familien zu versorgen. Wir blicken zurück auf Jahre des Schwebezustands, zwischen der Hoffnung auf ein neues Leben und der kalten Realität der europäischen Gesetzgebung gegen Flüchtlinge und Migrant_innen, die uns kriminalisiert, zu einem Problem erklärt und das Existenzrecht nimmt.
In Hamburg erlebten wir ein Jahr des Kampfes, zwischen überwältigender Solidarität der Menschen der Stadt und der Ignoranz seitens der Regierenden. Die politisch Verantwortlichen versuchen, die humanitäre Krise in ihrer Stadt einfach auszusitzen und der Öffentlichkeit zu erklären, daß sich das Problem von selbst erledigt habe. Gleichzeitig haben sich regierende Politiker mehrmals bei uns für unseren Beitrag zur kontroversen, lebendigen Diskussion in ihrer offenen Stadt und bunten Zivilgesellschaft bedankt! Dass wir diesen Beitrag als Entrechtete unter Einsatz unserer Existenz leisten müssen, weil uns nichts anderes übrigbleibt, kann ihrem Zynismus keinen Abbruch tun.
Nur durch die praktische Hilfe der Unterstützer_innen des “Solidarischen Winternotprogramms” konnten wir den Winter überleben. Doch diese Solidarität ist auch begrenzt – die privaten Initiativen, Arbeiter_innen, Studierenden, Familien, die an Stelle des untätigen Staates die schlimmste Not linderten, haben keine unendlichen finanziellen Mittel. In gegenseitigem Respekt haben wir zu Beginn vereinbart, dass das “Solidarische Winternotprogramm” nur temporär sein kann und im April enden würde. Damit werden wir Ende diesen Monats wieder mit Nichts auf der Straße sitzen – genau wie vor einem Jahr.
Wir sind unseren Unterstützer_innen sehr dankbar, doch wollen und können wir nicht ewig von ihren Almosen leben. Wir brauchen ein Aufenthaltsrecht und eine Arbeitserlaubnis. Doch es gibt keine Entwicklung bei den zuständigen Behörden oder dem Hamburger Senat.
Es wird auf unsere Kosten auf Zeit gespielt. Wir haben das Gefühl, der Senat hofft, dass wir langsam zu Grunde gehen, den Mut verlieren und uns nicht mehr wehren. Doch wir vergessen nicht wer wir sind und weshalb wir hier in Europa gestrandet sind. Wir sind der lebende Beweis der Folgen des NATO-Krieges in Libyen, eines als “humanitäre” Intervention getarnten Angriffs auf unseren Kontinent Afrika. Wir sind auch der lebende Beweis dafür, dass Europa sein Versprechen vor der ganzen Welt bricht: In der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ist zwar verankert, daß sie sich „auf die unteilbaren und universellen Werte der Würde des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und der Solidarität“ gründet (Präambel). Die Toten von Lampedusa und die Überlebenden der europäischen Flüchtlingspolitik erzählen von einem ganz anderen Europa, einem Europa von unten.
Wir leisten jeden Tag Widerstand, genauso wie zahllose andere Geflüchtete und Migrant_innen in ganz Europa. Wir sind hier und müssen unsere Geschichten erzählen. Unser Kampf wird weitergehen und wir rufen Alle dazu auf, uns zu unterstützen, egal wie lange es dauert. Das hier ist ein gemeinsamer Kampf und alle müssen einen Beitrag leisten um die Welt solidarischer und gerechter zu machen.
Gruppe „Lampedusa in Hamburg“, 19. März 2014
Zur Erinnerung:
Der 19. März – Jahrestag des „modernen“ Kriegs :
Vor drei Jahren, am 19. März 2011, begann die NATO-Bombadierung Libyens.
Vor 11 Jahren, am 19. März 2003, begann auch die völkerrechtswidrige Invasion des Irak durch die „Koalition der Willigen“.
*************** KUNDGEBUNG **************
Mittwoch, 19.03.14 ab 18.30 Uhr
vor dem Thalia Theater, Alstertor
Bürgermeister Olaf Scholz wird an dem Tag um 20.00 Uhr im Thalia Theater eine Grundsatzrede zum Thema Flucht, Migration und Integration mit dem Titel: „Hamburg, Europa und die Grenzen“ halten.
Hamburg sind auch wir! — Wir sind hier, weil Europa versagt! —
And we are here to stay!
Ein Jahr Lampedusa in Hamburg – Keine Ruhe dem Hamburger Senat!
Für den 1. März 2014 ruft die Gruppe Lampedusa in Hamburg zu einer Demonstration auf. Anlass ist der Jahrestag des Endes des als „Notstand Nordafrika“ bezeichneten italienischen Programms zur Aufnahme von Kriegsflüchtlingen aus Libyen, welches am 28. Februar 2013 beendet wurde. Die italienischen Behörden schlossen damals die Aufnahmelager und setzten die BewohnerInnen auf die Straße, erteilten den Flüchtlingen Aufenthaltserlaubnisse und drängten sie, Italien Richtung Nordeuropa zu verlassen. Mit dieser Aufforderung brachten die italienischen Behörden zum Ausdruck, was auch viele Gutachten und Berichte von Menschenrechtsorganisationen belegen – dass es für Flüchtlinge in Italien keine Perspektive für ein menschenwürdiges Leben gibt.
Einige der Betroffenen schlossen sich in Hamburg zu der Gruppe Lampedusa in Hamburg zusammen und kämpfen seitdem für ein Bleiberecht aus humanitären Gründen. Nach einem Jahr des kräftezehrenden Kampfes steht der Hamburger Senat unserer Forderung nach einem kollektiven Bleiberecht noch immer ablehnend gegenüber und versucht die humanitäre Krise auf Hamburgs Straßen einfach auszusitzen.
Zwar bot der Senat im Oktober 2013 denjenigen, die sich bei der Ausländerbehörde melden und eine Aufenthaltserlaubnis beantragen, für die Dauer des Verfahrens eine Duldung an. Dieses Angebot war, ohne die Sprecher oder anderer VertreterInnen der Gruppe an den Gesprächen zu beteiligen, zwischen der Nordkirche und dem Innensenator ausgehandelt worden, wurde von der Gruppe aber mehrheitlich abgelehnt. Nur Einzelne entschieden sich unter dem enormen Druck, Anträge zu stellen.
Durch den intensiven Austausch mit kämpfenden Geflüchteten aus dem deutschen Lagersystem sind uns die unmenschlichen Konsequenzen der Duldung bekannt. In dem Senatsangebot sehen wir hauptsächlich den Versuch, den Kampf der Gruppe um ein Bleiberecht zu entpolitisieren und die Lösung in Hunderten von Einzelverfahren den Gerichten zu überlassen.
Tatsächlich hat die Ausländerbehörde über keinen der Anträge bisher entschieden. Auch eine Entscheidung über den Musterantrag, der von einem Mitglied der Gruppe schon im September 2013 gestellt wurde, steht noch immer aus. Damit bewahrheitet sich die Einschätzung der Gruppe, dass das Angebot des Senats nur dazu dient, die Betroffenen im ungewissen Status der Duldung hinzuhalten, den politischen Kampf zu schwächen und abzuwarten, bis das Thema von der Tagesordnung verschwindet.
So ließ der Sprecher der Innenbehörde im Januar 2013 über die MOPO verkünden, die Flüchtlinge der Gruppe seien alle versorgt, sie hätten entweder Anträge gestellt oder seien aus Hamburg verschwunden.
Dies ist eine Lüge und ein Schlag ins Gesicht für die Gruppe und all ihre UnterstützerInnen.
Während nach wie vor die St. Pauli-Kirche im Mittelpunkt des Medieninteresses steht, obwohl sich dort nur noch ein geringe Zahl von Mitgliedern der Gruppe aufhält, wurde längst durch private UnterstützerInnen das “Solidarische Winternotprogramm” ins Leben gerufen, mit dessen Hilfe wir den Winter ohne staatliche Hilfe überleben konnten. Auch das Infozelt der Gruppe am Steindamm dient weiterhin als Anlaufpunkt und politisches Symbol und ist seit Mai letzen Jahres Tag und Nacht besetzt.
Wir sind und bleiben in Hamburg und fordern vom Senat eine politische Entscheidung und ein politisches Handeln für ein Bleiberecht für die Gruppe Lampedusa in Hamburg.
Lampedusa in Hamburg: Politisch-kulturelle Parade am 01.03.
Parade for our rights – We are here to stay!
Wir wollen am 1. März eine laute, bunte, entschlossene Parade für unsere Rechte auf die Straße bringen – kommt alle mit uns!
Bringt Kostüme, Masken, Musik, Installationen, Theater, Deko, Transpis, Banner – alles was Euch einfällt um unseren Forderungen Nachdruck zu verleihen! Es wird zum Abschluss der Demo ein Konzert mit zahlreichen solidarischen Musikerinnen und Musikern geben!
Demonstration:
1. März 2014 | 13 Uhr | Hachmannplatz/Hamburg-HBF
Wir brauchen dringend Spenden! We are in urgent need of donations!
Überweisungen bitte mit Stichwort "Lampedusa" an folgendes Konto:
Transactions can be made to following account using the keyword "Lampedusa":
KIEZ Wohnen e.V. - Kinderfreundlich Integrativ Engagiert Zusammen Wohnen e.V.
IBAN: DE91 2512 0510 0008 4572 00
BIC: BFSWDE33HAN
Bank für Sozialwirtschaft (Hannover)
Verwendungszweck: Lampedusa