Aufruf zur Solidaritätskundgebung am Freitag – 31.05.2013

Lampedusa in Hamburg – Solidarität mit den Kriegsflüchtlingen und ihren Forderungen!

Kundgebung anlässlich der SPD-Bundestagswahlkampfveranstaltung in HH:

Freitag, 31.05.2013 | 18.30 Uhr

Vor dem Museum der Arbeit (Wiesendamm 3/ am U-BHF Barmbek)

Treffpunkt für gemeinsame Anreise zur Kundgebung:

17.30 Uhr am Protestzelt am HBF/ Steindamm

Vor sieben Wochen haben Hamburger Behörden Geflüchtete in die Obdachlosigkeit gedrängt. Nach über drei Wochen Protest der unter dem Namen „Lampedusa in Hamburg“ zusammengeschlossenen Gruppe von Menschen, die vor dem NATO-Krieg in Libyen flohen, steht die Stadt Hamburg derart unter Druck, dass sie sich formell um eine Unterkunft bemüht. Diese soll jedoch nur temporär sein und lediglich zur Vorbereitung der Rückkehr nach Italien dienen.

Die Geflüchteten stellten in ihrem Protest von Anfang an klar:

“ Wir sind hier und wir gehen nicht zurück! Denn wir hatten nie die Absicht hierhin zu kommen. Wir waren auf unserem Kontinent in Libyen und dort wurde unsere Existenz durch die NATO-Staaten zerstört.”

Ihre Forderungen beinhalten die vollständige Anerkennung ihrer Rechte:

  • Wohnung
  • freier Zugang zum Arbeitsmarkt
  • freier Zugang zu Bildung
  • freier Zugang zu medizinischer und sozialer Versorgung
  • freie Wahl des Aufenthaltsortes bzw. Wohnortes innerhalb der EU

Die Nothilfe der Stadt kann nicht an Bedingungen geknüpft werden. Die jetztige Situation ist nicht vom Himmel gefallen, sie ist die direkte Konsequenz der europäischen Asyl- und Außenpolitik, deren Gestaltung die BRD als einer der mächtigsten europäischen Staaten massiv geprägt hat.

Deutschland hat sich wie auch andere EU-Staaten an dem NATO-Krieg in Libyen beteiligt und dort die Existenz derjenigen zerstört, die dann gegen ihren Willen nach Europa flüchten mussten. Kein Krieg bleibt ohne Folgen, doch der deutsche Staat verweigert sich als Fluchtverursacher seiner Verantwortung. Während die NATO im Namen der “Menschenrechte und Demokratie”auf der ganzen Welt Krieg führt, werden Geflüchteten auf den Straßen Europas genau diese Rechte vorenthalten.

Das bestehende Dublin-System verweigert das Menschenrecht auf freie Wahl des Wohnorts und ist Mitverursacher für die katastrophale Situation von Geflüchteten in den Ländern Südeuropas. Deutschland trägt auch die wirtschaftspolitische Verantwortung dafür, eben diese Länder in die Abwärtsspirale von Krise und Austerität getrieben zu haben. Interne Machtkämpfe zwischen den europäischen Staaten sollen auf dem Rücken der Geflüchteten ausgetragen werden und deutsche Politiker_innen sind in diesem Zusammenhang immer noch dreist genug, entgegen offizieller Gutachten und Berichte diverser Menschenrechtsorganisationen, Geflüchteten zu sagen, sie hätten eine Perspektive in Italien.

Solidarität mit dem Widerstand der Geflüchteten – unterstützt ihre Forderungen!

THE DUBLIN-SYSTEM MUST FALL!

KEIN FRIEDE MIT DER NATO!

Unterstützer_innen der Gruppe „Lampedusa in Hamburg“

29.05. – Wir sind hier und gehen nicht zurück!

Die Geflüchteten aus Libyen stellten seit dem Beginn ihres Protest klar:

“Wir sind hier und gehen nicht zurück! Denn wir hatten nie die Absicht hierhin zu kommen. Wir waren auf unserem Kontinent in Libyen und dort wurde unsere Existenz durch die Nato-Staaten zerstört.”

Die Forderungen der Kriegsflüchtlinge sind nach wie vor klar und beinhalten die vollständige Anerkennung ihrer Rechte:

  • Wohnung
  • freier Zugang zum Arbeitsmarkt
  • freier Zugang zu Bildung
  • freier Zugang zu medizinischer und sozialer Versorgung
  • freie Wahl des Aufenthaltsortes bzw. Wohnortes innerhalb der EU

In der selben Zeit in der die SPD in der Bürgerschaftssitzung behauptete, medizinische Betreuung zu organisieren und humanitäre Hilfe zu leisten, schmissen ihre Mitarbeiter einige Flüchtlinge aus einem Park in dem sie aus ihrer Not heraus geschlafen haben. Von der Hilfe, mit der sich die Stadt Hamburg schmückt, kommt nichts bei den Betroffenen an. Es ist zu bezweifeln, dass der Senat mehr tut als mit humanitären Phrasen um sich zu schmeißen.

Die direkte Unterstützung der auf der Straße lebenden Geflüchteten wird von der Basis der Hamburger Bevölkerung geleistet. Vor allem antirassistisch bewegte Jugendliche versuchen täglich mit enormen Aufwand die schlimmste Not zu lindern und praktische Hilfe zu leisten. Sie vernachlässigen dafür die Schule, während der Senat darüber jammert wie schwer die Suche nach einem geeigneten Gebäude ist.

Die Abschiebung der Geflüchteten nach Italien, oder, wie einige Politiker schon träumen, zurück in die Länder aus denen sie geflohen sind, ist nicht akzeptabel. Humanitäre Unterstützung in einer Notlage lässt sich nicht an Bedingungen knüpfen.

Der Widerstand der Geflüchteten auf Hamburgs Straßen geht weiter.

28.05.: Humanitäre Notstand auf Hamburgs Straßen geht weiter

Stadt Hamburg verweigert den Kriegsflüchtlingen aus Libyen weiter jede Hilfe, der humanitäre Notstand auf Hamburgs Straßen geht weiter.

Die politischen Hintergründe und die europäische Verantwortung werden hartnäckig verdrängt.

Nach sieben Wochen Obdachlosigkeit auf Hamburgs Straßen und nach über drei Wochen Protest der unter dem Namen „Lampedusa in Hamburg“ zusammengeschlossenen Gruppe der Überlebenden des NATO-Kriegs in Libyen kamen heute eine Vertreterin der Sozialbehörde (Frau Prott) und ein Vertreter des Flüchtlingszentrum Hamburg, ein Zusammenschluss der Arbeiterwohlfahrt, des Caritas-Verbandes und des Deutschen Roten Kreuzes,(Herr Günther) zum Informations- und Protestzelt am Steindamm.

Unter Druck der wachsenden kritischen Öffentlichkeit und den sichtbaren Protesten der Flüchtlingsgruppe hatte es über zwei Wochen Gespräche zwischen Nordkirche und der Stadt Hamburg über eine geschützte Unterbringung gegeben.

Doch nichts dergleichen wurde unterbreitet, es gab kein konkretes Angebot. Humanitärer Schutz kann nicht an Bedingungen geknüpft werden.

Der Kern der Position der Vertreter der Senatsseite lässt sich folgendermaßen zusammenfassen:

–       Das Gesetz sagt, Sie müssen zurück nach Italien; nach Deutschland kommt man als Tourist oder als Asylbewerber; Hamburg hat keine Arbeit, keine Plätze für eine Unterbringung; vorstellbar sei, vorausgesetzt man registriere die Gruppe und finde einen Platz, ein Aufenthalt von etwa vier bis sechs Wochen zur Vorbereitung auf die Rückkehr nach Italien.

Mit Würde nahmen die Sprecher der Gruppe „Lampedusa in Hamburg“ die schamlose Präsentation entgegen und bemühten sie sich, den Vertretern der Stadt die Gründe ihrer Anwesenheit in Hamburg klar zu machen:

–     Menschen machen das Gesetz, nicht das Gesetz macht die Menschen. Wir waren auf unserem Kontinent, haben in Libyen ein auskömmliches bis gutes Leben gehabt. Die Konflikte, die  im Land entstanden, hat die NATO mit ihrer Intervention und den Bombardierungen eskaliert. Wir verloren unsere Existenz und wurden gezwungen, das Land über das Mittelmeer Richtung Europa zu verlassen. Viele sind im Krieg und unterwegs gestorben. Zwei Jahre lebten wir in Lagern in Italien. Wir erhielten zwar humanitären Schutz, aber Italien erklärte sich für unfähig, diesen auch umzusetzen und schickte uns raus nach Nordeuropa. Ihr propagiert überall Demokratie und Menschenrechte und in Euren Ländern existieren sie gar nicht, zumindest nicht für uns mit schwarzer Haut. Die Verantwortung liegt in Europa, weil Europa unser Problem erzeugt hat. Jetzt geht es wieder um das nackte Überleben. Seit Wochen auf der Straße in einer reichen Stadt wie Hamburg und der Senat, der Bürgermeister und die Stadtverwaltung haben uns nichts zu sagen, außer dass wir ihnen aus den Augen verschwinden sollen. Das vorgebliche Verständnis für unsere Situation ist scheinheilig, wenn uns nicht ein einziges konkretes Angebot für ein Dach über dem Kopf gemacht werden kann.

Alle Europäischen Regierungen und die Regierungen der NATO-Staaten tragen die Verantwortung für die Situation und eine politische Lösung muss her. Dazu muss zuerst die akute Notlage der Obdachlosigkeit gelöst werden. Hamburg kann sich der Verantwortung nicht entziehen.

Nach dem Gespräch mit den Gesandten der Stadt waren viele Medienverterter_onnen am Protestzelt. Die Berichterstattung ist ambivalent, im Tenor versuchen Politiker_innen von Bund und Ländern die Verantwortung auf Italien abzuschieben. Dabei haben sie selbst das Dublin-System mit gestaltet.

Wir rufen die Bevölkerung der Stadt auf, den Kampf der Flüchtlinge zu unterstützen und der Arroganz und bewussten Ignoranz, die sich in Sachzwänge kleiden möchte, entgegenzustehen.

Petition zur Unterstützung der Forderung der Geflüchteten gestartet

Seit kurzem gibt es eine Petition ( Unterschriftenliste ), auf der sich die Unterzeichnenden den Forderungen der Gefüchteten aus Libyen anschliessen können. Die Petition liegt am Informationszelt am Hauptbahnhof/Steindamm aus, ihr könnt dort unterschreiben und auch Listen mitnehmen, um in eurem Umfeld auf die Situation aufmerksam zu machen und Solidarität sichtbar zu machen. Hier könnt ihr die Petition als PDF downloaden um sie selbst auszudrucken und Unterschriften zu sammeln. Lasst uns gemeinsam ZEHNTAUSENDE Unterschriften sammeln!

„Wir, die Unterzeichnenden, schließen uns den Forderungen der Flüchtlinge aus Libyen an. Die militärische Aggression der NATO Staaten hat ihre Flucht und ihre Vertreibung ausgelöst. Die Betroffenen hatten nicht das Interesse nach Europa zu kommen. Sie sicherten ihre Existenz in Libyen bis zum Beginn der Intervention der westlichen Staaten.

Die Europäischen Union trägt die Verantwortung für die Kriegsfolgen. Dies gilt insbesondere für die Flüchtlinge, deren Existenz vernichtet wurde und die heute ohne Rechte und völlig mittellos unter „humanitärem Schutz“ in der Europäischen Union auf der Straße leben.

 Die unmittelbare Forderung ist die vollständige Anerkennung ihrer Rechte:

  • Wohnung
  • freier Zugang zum Arbeitsmarkt
  • freier Zugang zu Bildung
  • freier Zugang zu medizinischer und sozialer Versorgung
  • freie Wahl des Aufenthaltsortes bzw. Wohnortes innerhalb der EU

weitere Ansprüche aufgrund der Kriegsfolgen können geltend gemacht werden.“

Aktueller Stand, 26. Mai

Erneut ist eine Woche vergangen, ohne dass direkte Gespräche zwischen dem Bürgermeister bzw. des Senats mit den Sprechern der Libyenflüchtlinge – Lampedusa in Hamburg – stattgefunden haben.
Verhandlungen zwischen der Nordkirche und dem Innensenator Neumann /Sozialdezernent Scheele werden hinter den Kulissen und vor allem ohne Einbeziehung der Betroffenen selbst geführt und wurden am Wochenende vom Hamburger Abendblatt als gescheitert bezeichnet. Eine Stellungnahme der Nordkirche, die nun seit 3 Wochen von Lösungen spricht, steht aus.

Die akute Notsituation der Kriegsflüchtlinge ist nach dem ersten Besuch im Rathaus letzte Woche in der ganzen Stadt und weit darüber hinaus bekannt geworden. Der Senat und der Hamburger Bürgermeister, Olaf Scholz, versuchen weiterhin das Geschehen zu ignorieren. Derweil wächst Solidarität, und das Protestzelt am Steindamm 2 entwickelt sich zu einer starken Basis der Menschlichkeit und des Willens, die brutalen und unmenschlichen Verhältnisse nicht zu akzeptieren, sondern sie zu verändern.

Das kleine 3×6 m Zelt ist der einzige Raum, der den 300 vor den NATO Bombardierungen im Jahr 2011 geflüchteten Menschen zur Verfügung steht. Es ist Raum, den sie selbst organisieren – unter Bedingungen in denen sich viele Europäer das Leben nehmen würden, wie manche der Flüchtlingsaktivisten sagen.
Ein relativ gutes Leben in Libyen gehabt zu haben, plötzlich mitten im Krieg und Bombenhagel zu stecken, in kleine Boote gezwängt zu werden, das Mittelmeer zu überqueren, zwei Jahre in Lagern zu Leben und dann mittel- und rechtlos auf der Straße zu landen – im Namen der Demokratie und der Menschenrechte – ist etwas, was nur jemand, der wirklich stark ist überleben kann. Aber es hinterlässt viele Wunden, die nicht schnell heilen.

Die Reaktion der Sprecher der Gruppe „Lampedusa in Hamburg“ ist, niemanden alleine zu lassen, den Protest und den Widerstand zu organisieren und Hoffnung zu geben. Große Wut herrscht über die bewusste Ignoranz der Verantwortlichen dieser reichen Stadt, Verwunderung über die Ohnmacht und Desorientiertheit in der Gesellschaft gegenüber Ungerechtigkeiten und Herzlichkeit und Freude über diejenigen, die auftauchen und dabei sind Solidarität zu zeigen.

Es ist zu bewundern, wie die Menschen trotz der absolut unerträglichen Bedingungen – seit nun 7 Wochen – durchhalten und dabei noch Solidarität anderen geben, die ebenfalls in Notlagen sind, indem sie Wasser und Essen teilen und ihnen versuchen Mut zu geben.

Ein kleines Netzwerk von Unterstützenden organisiert seit den letzten Tagen temporäre Notschlafplätze für die Nacht, besonders für die zunehmende Zahl derjenigen, die krank und stark geschwächt sind.

Doch ist dies keine wirkliche Lösung sondern Nothilfe, die niemand in der Stadt bisher übernehmen will. Viele Menschen zeichnen am Protestzelt die Petition mit den Forderungen der Gruppe der Libyenflüchtlinge und äußern Empörung.

Die Gruppe der Libyenflüchtlinge fordert weiterhin das politische Gespräch mit Senat, Bürgerschaft und Bürgermeister und eine sofortige Unterbringung. Dazu werden sie sie am 27. Mai erneut zum Rathaus marschieren.

Bericht über die aktuelle Situation vom 23. Mai 2013

Das Informationszelt und die Dauermahnwache der Gruppe „Lampedusa in Hamburg“ findet nun den zweiten Tag statt. Viele Betroffene nutzen die Anlaufstelle, um sich auszutauschen, die Lage zu diskutieren und das weitere Vorgehen zu planen.

Bei anhaltendem kalten und nassen Wetter wird die gesundheitliche Situation vieler immer ernster. Heute mussten drei Personen in ärztliche Behandlung gebracht werden. Für vier weitere muss morgen ärztliche Behandlung organisiert werden. Die Erkrankungen werden durch das erzwungene und andauernde Leben auf der Straße verursacht. Einige, die bisher auf einem Schrottplatz in Autos übernachtet hatten, verloren diese „Unterkunft“, die Altwagen wurden heute exportiert.

Als eine Hamburger Tageszeitung die Sprecher der libyschen Kriegsflüchtlinge im Warteraum des Hamburger Busbahnhofs interviewte und die Frage nach einer Alltagssituation gestellt wurde, verwies das Sicherheitspersonal Interviewte wie Interviewer nach draußen, in den Regen .

Während durch die öffentlichen Aktionen der „Lampedusa in Hamburg“ Gruppe mittlerweile die ganze Stadt über die menschenunwürdige und Lebensgefahr verursachende Situation der Flüchtlinge informiert ist, verweigern sich die politisch Verantwortlichen der Stadt, Bürgermeister und Senatoren, weiterhin jedes Gespräch mit der Gruppe. Inzwischen prüfen Anwälte, ob die Stadt wegen „Körperverletzung durch Unterlassen“ oder „unterlassener Hilfeleistung“ strafrechtlich belangt werden kann.

Wir rufen alle Menschen in dieser Stadt und von anderswo auf, ihre Solidarität zu zeigen und daran mitzuwirken, die Situation zu verändern.

22.05. Protestaktion im Rathaus/Mahnwache hat begonnen

Am 22.05.2013 entschlossen sich etwa 60 Geflüchtete, ihrer Forderung nach einem ernsthaften Gespräch mit Bürgermeister Olaf Scholz Nachdruck zu verleihen und veranstalteten eine Protestaktion im Hamburger Rathaus. Am Tag zuvor war der Aufbau eines Protestcamps von der Polizei verhindert worden.

Am Mittwoch Vormittag betrat eine Gruppe von ca. 60 Geflüchteten friedlich den öffentlich Teil des Hamburger Rathauses und entfalteten ein Transparent mit der Aufschrift „Wir haben nicht den Krieg in Libyen überlebt um auf Hamburg’s Straßen zu sterben!“. Sie forderten, wie schon in einer zuvor veröffentlichten Erklärung , einen Gesprächstermin mit dem Bürgermeister und appellierten an alle Parteien und Institutionen sich im direkten Kontakt um eine Lösung ihrer katastrophalen Situation zu bemühen. An die anwesenden Menschen wurde die Erklärung der Geflüchteten verteilt, es kam zu einigen Solidaritätsbekundungen.

Die Verantwortlichen im Rathaus ließen sofort nach dem Beginn der Aktion den öffentlichen Teil des Rathauses von unbeteiligten Tourist_innen räumen und drohten sofort damit, die Geflüchteten durch die anrückenden Polizeikräfte räumen zu lassen. Laut des Büroleiters des Bürgermeisters war dieser selbst nicht anwesend. Der Büroleiter versicherte jedoch, sich um einen Gesprächstermin mit dem Bürgermeister und anderen Verantwortlichen zu bemühen und sich noch am Abend telefonisch zu melden.

Um ihre Gesprächbereitschaft nochmal zu unterstreichen, verließen die Geflüchteten gemeinsam mit den inzwischen anwesenenden Unterstützer_innen daraufhin das Rathaus und bewegten sich mit einer Spontandemo zum Hauptbahnhof. Die Polizei begleitete diese kleine Demo mit einem Großaufgebot durch die Innenstadt.

Am Abend meldete sich der Büroleiter des Bürgermeisters tatsächlich telefonisch. Jedoch nur um mitzuteilen, dass er weder ein Gesprächtermin mit Olaf Scholz noch mit Sozialsenator Detlef Scheele organisieren konnte. Es wird immer klarer, dass kein Wille besteht, eine Lösung zu finden. Der Senat will die humanitäre Katastrophe auf den Straßen Hamburgs einfach aussitzen, die Geflüchteten unsichtbar machen und der Verelendung überlassen.

Doch schon in ihrer Erklärung kündigten die Geflüchteten an:
„Es wird jedem verständlich sein, dass wir das nicht stillschweigend ertragen können.“

Der Widerstand der Geflüchteten hat gerade erst begonnen, seit  18 Uhr befindet sich eine genehmigte Mahnwache mit einem kleinen Zelt vor der internationalen Apotheke am Hamburger Hauptbahnhof / Steindamm. Die Mahnwache bietet für Betroffene einen Anlaufpunkt und Ort der Organisierung, kann aber keine dauerhafte Lösung sein. Schlafen und der Aufbau von Zelten ist dort nicht gestattet. Warmer Tee & Kaffee ist gerne gesehen, zeigt Solidarität!

Ein Camp muss her!

21.05.: Stadt verhindert Protestcamp

Seitens der Stadt oder sozialer Träger gibt es keinerlei Bewegung, die Situation der Geflüchteten verschlimmert sich von Tag zu Tag. Deshalb entschieden sich Refugees und Unterstützer_innen gemeinsam dafür am 21.05.2013 ein Protestcamp in Hamburg aufzubauen, um allen Betroffenen ein Dach über dem Kopf und einen Ort zur Organisierung zu schaffen.
Doch das Bezirksamt-Mitte verweigerte die Genehmigung für das als Dauermahnwache angemeldete Camp mit der Begründung, dass Grünflächen für solche Veranstaltungen grundsätzlich nicht geeignet wären. Der Amtsleiter bestand weiter darauf, dass selbst im Falle einer Genehmigung niemand auf einer Dauermahnwache übernachten dürfe.

Spontan mobilisierte Unterstützer_innen versuchten am Dienstag Nachmittag öffentlich angekündigt trotzdem den Campaufbau anzufangen. Trotz massiver Polizeipräsenz konnte vor den vielen Pressevertreter_innen mit dem Aufbau

von Zelten begonnen werden. Die symbolische Aktion wurde von der Polizei unterbunden, ein aufgebautes Zelt wurde beschlagnahmt. Bei der daraufhin angemeldeten Spontandemo untersagte die Polizei außerdem noch das symbolische Tragen eines Zeltes. Die Spontandemo wurde von den betroffenen Geflüchteten angeführt und lief durchs Viertel zum Hauptbahnhof. Wegen der Unwetterwarnung für die Nacht wurden kurzfristig Schlafplätze in linken Projekten organisiert.

 

 

2. Erklärung an die Politik und die Öffentlichkeit „Lampedusa in Hamburg II“

Öffentliche Erklärung und Aufforderung zum ernsthaften Gespräch an die Hamburger Bürgerschaft und den Bürgermeister Olaf Scholz vom 14. Mai 2013

Sehr geehrte Abgeordnete, sehr geehrter Herr Bürgermeister Scholz,
angesichts der katastrophalen Situation, in der wir uns befinden und angesichts der Ignoranz gegenüber unserer Notlage und unserer Qualen, wenden wir uns an Sie, die politischen Vertreter und Vertreterinnen dieser Stadt, um in einem Gespräch von Angesicht zu Angesicht eine Lösung für unser Problem zu erreichen.

Zunächst einige Informationen zum Hintergrund, die einerseits bekannt sind, andererseits unbeachtet bleiben.

Wir sind die Opfer des Kriegs in Libyen und Opfer der europäischen Flüchtlingspolitik.

2011, als die NATO mit den Bombardierungen in Libyen begann, war unser Leben dort zu Ende. Wir verloren alles, was wir uns aufgebaut hatten, wurden an die Mittelmeerküste gebracht, in Boote gesetzt und aufs Meer geschickt. In Italien lebten wir fast zwei Jahre in Flüchtlingslagern bis die italienische Regierung Anfang dieses Jahres alle Lager schloss und uns aufforderte, das Land in Richtung Nordeuropa zu verlassen. Es wurde uns zwar ein Aufenthaltstitel gemäß des humanitären Schutzes erteilt, gleichzeitig werden uns die daraus hervorgehenden Rechte aber verwehrt. Italien ist nicht in der Lage, den verbrieften Schutz umzusetzen und die anderen Länder der Europäischen Union sind nicht Willens dies zu tun.

Heute sitzen wir auf der Straße in den Ländern, die im Namen der Menschenrechte Kriege führen. Es war nicht unser Wille, nach Europa zu kommen, wir wurden dazu gezwungen. Wir alle haben in Libyen auf dem afrikanischen Kontinent gearbeitet und mit unserem Einkommen für unsere Familien und unsere Gemeinden gesorgt. Der Krieg der NATO hat alles auf den Kopf gestellt. Viele sind gestorben in Libyen und im Mittelmeer. Wir Überlebenden in Europa haben keine Wahl mehr. Wir sind jetzt hier, und wir werden bleiben. Kein europäisches Land kann sich der Verantwortung entziehen. Wir bleiben nicht Spielball der europäischen Politik. Wir verlangen die volle Anerkennung der Fakten und damit die volle Anerkennung unserer Rechte.

Jedoch erfahren wir bisher, dass kein Wille besteht, eine Lösung zu finden. Im Gegenteil, es wird versucht, uns unsichtbar zu machen, uns zu vereinzeln und uns der Verelendung zu überlassen.

Es wird jedem verständlich sein, dass wir das nicht stillschweigend ertragen können.

In Hamburg sieht unsere Situation so aus, dass wir jetzt seit genau vier Wochen auf der Straße leben, ohne Rechte auf Zugang zu medizinischer Versorgung, ohne Zugang zum Arbeitsmarkt, ohne Zugang zu Bildungsmöglichkeiten und ohne jegliche materielle Basis. Unsere physische und psychische Integrität verschlechtert sich von Tag zu Tag. Als die Stadt Hamburg genau vor einem Monat am 15. April 2013 die Obdachlosenunterkunft „Pik As“ schloss, uns mit Bussen in die Stadt fuhr und uns auf die Straße setzte, wussten da die Verantwortlichen nicht, welche Probleme sie damit erzeugen würden? Uns wurde gesagt, dass das einzige, was wir bekommen würden, eine Fahrkarte zurück nach Italien sei. Wir glauben, dass die soziale und ökonomische Lage in Italien wie auch in anderen südeuropäischen Ländern hinlänglich bekannt ist und dass es dort keine Existenzmöglichkeit für uns mehr gibt. Wenn es die gäbe, wir wären nicht hier.

Also stellen wir die Frage erneut in den Raum. Was soll erreicht werden, wenn wir zwar ein Dokument des humanitären Schutz erhalten, uns aber jede Möglichkeit des Überlebens verweigert wird? Was kann jemand tun, dem alle Grundlagen entzogen werden? Sollen wir betteln oder sollen wir kriminelle Aktivitäten entwickeln? Es ist eine sehr gefährliche Situation, in die wir hineingestoßen wurden. Das erzwungene Leben auf der Straße erzeugt große Schäden an uns, aber es trifft auch die gesamte Stadt, denn es erzeugt zwangsläufig Probleme und Konflikte in den Nachbarschaften und den Stadtteilen. Hamburg ist eine sehr reiche Stadt, dieser Reichtum ist nicht zuletzt unserem Kontinent entnommen. Wir kommen nicht als Bittsteller, sondern im vollen Bewusstsein über die Zusammenhänge, die uns gegen unseren Willen hierher geführt haben. Niemand kann sich der Verantwortung entziehen und uns einfach ignorieren. Die Probleme müssen gelöst werden und unsere Rechte anerkannt werden. Der erste Schritt und unsere erste Forderung an die politischen Vertreter dieser Stadt ist ein Dach über unseren Köpfen. Daran schließt sich der Zugang zum Arbeitsmarkt an, damit wir uns versorgen können. Der Zugang zu medizinischer Versorgung und zu Bildung sollte ebenfalls selbstverständlich sein.

Wir haben den Krieg in Libyen nicht überlebt, um jetzt auf der Straße zu sterben. Wir appellieren eindringlich an alle Parteien und Institutionen, umgehend in direkten Kontakt mit uns zu treten und Lösungen zu finden. Unsere Obdachlosigkeit lässt keinen Aufschub zu.

In Vertretung der Gruppe der Flüchtlinge aus Libyen:

Affo Tchassei: 0176-717 402 36

Anane Kofi Mark: 0152-170 045 94

Asuquo Udo: 0152 146 725 37

Unterstützt von der KARAWANE für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen –Hamburg

Ralf Lourenco: 0176-303 66 55 9