Informationen zur Situation von Flüchtlingen in der EU

17.12.13

Neue Studie zu den Folgen europäischer Flüchtlings- und Migrationspolitik

„Menschenrechte an den Grenzen wahren“
Anlässlich des internationalen Tags der Migrantinnen und Migranten am 18. Dezember veröffentlichen Brot für die Welt, medico international und PRO ASYL die Studie „Im Schatten der Zitadelle. Der Einfluss des europäischen Migrationsregimes auf Drittstaaten“. Die exemplarischen Fallstudien zeigen: Die europäische Politik der Externalisierung, also der Auslagerung von Flucht- und Migrationskontrolle, wirkt sich fatal auf Schutzsuchende aus.
Zudem beeinträchtigt sie die Gesellschaften der Transit- und Herkunftsländer. Obwohl die jüngsten Flüchtlingstragödien vor Lampedusa/Italien medial eine große Aufmerksamkeit erhalten haben, ist bislang keine politische Antwort gefunden worden, die das Leid und die Not der Schutzsuchenden lindern. Stattdessen wurden weitere Maßnahmen zur Abschottung der europäischen Außengrenzen beschlossen. Brot für die Welt, medico international und PRO ASYL appellieren auch aufgrund der Erkenntnisse der Studie an die EU- Staats- und Regierungschefs bei ihrem Treffen am 19./20. Dezember 2013, eine menschenrechtsbasierte Neuausrichtung der Flüchtlings- und Migrationspolitik zu beschließen und nicht weiterhin auf Abwehr zu setzen.

Die Erfahrungen aus dem Senegal, Mauretanien, Tunesien, der Türkei und der Republik Moldau dokumentieren, wie die Vorgaben und Eingriffe der europäischen Migrationsabwehr bislang offene Regionen des Transits und des Verweilens verschließen. „Es zeigt sich, dass mehr Kontrolle nicht mehr Überlebenssicherheit, sondern im Gegenteil mehr Tod und Verfolgung schafft. Die betroffenen Länder verwandeln sich für Flüchtlinge, Migranten und Migrantinnen in gefängnisähnliche Zonen,“ so Martin Glasenapp, Öffentlichkeitsreferent bei medico international. „Die zusätzliche Kriminalisierung irregulärer Ausreise ist dramatischer Ausdruck dieser Politik.“ Die Studien zeigen: Europas Politik gefährdet auch den sozialen Zusammenhalt in den betroffenen Gesellschaften und zerstört migrationsbedingte nachhaltige Entwicklungspotentiale.

Auch die sogenannten EU-Mobilitätspartnerschaften mit Drittstaaten verfehlen bislang das erklärte Ziel einer Verknüpfung von Entwicklung und Migration. „Als Anreiz für die Kooperationsbereitschaft von Drittstaaten bei der Migrationskontrolle wird den Ländern Entwicklungshilfe angeboten – diese Konditionalisierung auf Kosten der Rechte von Schutzsuchenden ist inakzeptabel“, sagt Sophia Wirsching, Referentin für Migration von Brot für die Welt.

Das Grenzüberwachungssystem Eurosur hat Anfang Dezember 2013 seinen Betrieb aufgenommen. Die sogenannte Mobilitätspartnerschaft der EU mit Tunesien setzt auf Abwehr statt auf Reiseerleichterungen. Auch das am 16. Dezember 2013 unterzeichnete Rückübernahmeabkommen zwischen der EU und der Türkei ist ein verheerendes Signal für den Flüchtlingsschutz. „Ein Abschiebeabkommen mit der Türkei abzuschließen und zu bejubeln, ist nicht nur schäbig, sondern drückt aus, dass Europa sich kollektiv seiner Verantwortung für den Flüchtlingsschutz entziehen will“, so Karl Kopp, Europareferent von PRO ASYL. Die Türkei hat über 530.000 syrische Flüchtlinge bereits aufgenommen – die gesamte EU gerade einmal 50.000. Die EU-Staaten Griechenland und Bulgarien weisen systematisch und völkerrechtswidrig Flüchtlinge in die Türkei zurück.

Brot für die Welt
Medico international
Pro Asyl

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17.12.13

Flüchtlings-Video aus Lampedusa „Sie behandeln uns wie die Tiere“

Das italienische Fernsehen zeigt ein Video von Flüchtlingen auf der Insel Lampedusa. Zu sehen sind Menschen, die sich ausziehen müssen und desinfiziert werden. Die Bürgermeisterin fühlt sich an eine „Art Konzentrationslager“ erinnert.
Mehr als zwei Monate nach dem tragischen Unglück vor Lampedusa steht die Insel erneut im Blickpunkt der italienischen Öffentlichkeit. In einem Fernsehbeitrag, den der Fernsehsender RAI 2 gestern ausstrahlte, werden Amateuraufnahmen aus dem Aufnahmezentrum gezeigt. Zu sehen ist, wie Flüchtlinge im Innenhof des Zentrums Schlange stehen müssen, um sich dann nackt auszuziehen und einer Desinfektionsbehandlung zu unterziehen. Einer der Migranten hat die Szene mit der Handy-Kamera gefilmt. „Sie behandeln uns wie die Tiere“, sagt er in dem Beitrag.

Der Film wurde nach Angaben der RAI am vergangenen Freitag gedreht. Unter den derart behandelten Flüchtlingen sollen sich auch Überlebende des Unglücks vom 3. Oktober befinden. Die Bürgermeisterin der Insel, Giusi Nicolini, reagiert entsetzt: Die Bilder zeigten eine „Art Konzentrationslager“, sagt sie. Sie seien der Beweis dafür, dass Italien sein Aufnahmesystem ändern müsse.
tagesschau.de
Das Video bei rai2

21.11.13
Yussuf: Die Geschichte einer Flucht
Aus Somalia musste Yussuf fliehen, weil sein Leben in Gefahr war. Seine Flucht war dramatisch, immer wieder kämpfte er ums Überleben. Endlich angekommen in Italien, stand er ohne jede Unterstützung auf der Straße. Auf der Suche nach Hilfe kam er nach Deutschland, doch hier droht ihm die Abschiebung, zurück nach Italien. Trotz der desolaten Asylpolitik im Nachbarland, reagiert die deutsche Politik nicht.
Kontraste

Online Petition von Amnesty International:
Schiebt Flüchtlinge nicht aufs offene Meer zurück!

Auf dem ägäischen Meer kommt es immer wieder zu schockierenden Vorfällen: Flüchtlingsboote werden von der griechischen Küstenwache manövrierunfähig gemacht, Frauen, Männer und Kinder etwa aus Syrien oder Afghanistan aufs offene Meer zurückgestoßen und ihrem Schicksal überlassen.
Dadurch verhindert die Küstenwache, dass Menschen Asyl beantragen können, und setzt Leben aufs Spiel. Seit August 2012 sind über 100 Menschen bei dem Versuch ertrunken, Griechenland über den Seeweg zu erreichen. (…)
weiterlesen

25.10.13
Gipfel in Brüssel: EU lehnt Änderung der Flüchtlingspolitik ab
Vor allem Italien hat beim EU-Gipfel auf mehr Solidarität in der Flüchtlingsfrage gepocht – jedoch ohne Erfolg. In Brüssel ist zwar von Verbundenheit und Trauer die Rede, an der Asylpolitik wird sich dennoch nichts ändern. Kanzlerin Merkel betont, eine Task Force solle kurzfristige Maßnahmen ergreifen.
Spiegel online

Unterschriftenaktion von Pro Asyl:
Lampedusa: Stoppt das Sterben!

Angesichts Tausender Todesopfer an den EU-Außengrenzen und im Gedenken an die jüngste Flüchtlingskatastrophe vor Lampedusa wird die Bundeskanzlerin mit dieser Aktion aufgefordert, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um das Sterben an den europäischen Außengrenzen zu beenden. Am 24. und 25. Oktober tagen die Staats- und Regierungschefs der EU in Brüssel. Dort hat die Bundeskanzlerin die Gelegenheit, ihr politisches Gewicht in Europa für eine Abkehr von der tödlichen Abschottungspolitik einzusetzen.
Pro Asyl

Kommentar Frontex: Die unsichtbare Mauer
Europäische Politiker zeigen sich wegen ertrunkener Flüchtlinge betroffen. Doch das ist heuchlerisch. Die Praxis von Frontex ist der beste Beweis.
taz, 17.10.13

EU läßt schießen
Flüchtlinge: Libysches Militär eröffnete Feuer auf See. Seit einer Woche gemeinsame Patrouillen von Libyen und Italien
junge welt, 14.10.13

„Unterlassene Hilfe ist ein Verbrechen“
Der Flüchtlingsexperte Pezzani macht die europäische Politik der geschlossenen Grenzen für die vielen Toten auf dem Mittelmeer verantwortlich, denn sie treibt den Schleusern die Menschen in die Arme
taz, 04.10.13

Italien: Flüchtlingstraumziel Lampedusa?
Fernsehbericht
NDR Weltbilder, 20.08.13

„Es mangelt an Integrationsprogrammen“
Interview mit Judith Gleitze
NDR, 20.08.13

Judith Gleitze ist Expertin für italienische Flüchtlingspolitik und Geschäftsführerin von borderline-europe, Menschenrechte ohne Grenzen e.V. Sie lebt in Palermo und hat so einen Überblick über die Situation der Flüchtlinge vor Ort. Im Laufe ihrer Tätigkeit hat sie diverse Flüchtlingslager bereist, war unter anderem auch auf Lampedusa.

Gutachten  zur Unterbringungs- und Versorgungssituation von Flüchtlingen in Italien,
erstellt im Auftrag des Verwaltungsgerichts Braunschweig von der Flüchtlingsorganisation borderline-europe, Menschenrechte ohne Grenzen e.V
Dezember 2012

„Die Gutachterin Judith Gleitze (M.A.) ist Geschäftsführerin der deutschen Nichtregierungs- (NGO) und Flüchtlingsorganisation borderline-europe – Menschenrechte ohne Grenzen e.V.

borderline-europe e.V. hat sich zum Ziel gesetzt, die Vorgänge an den europäischenAußengrenzen zu dokumentieren und umfassende Informationen bereitzustellen. Judith Gleitze ist die Leiterin der Außenstelle in Palermo, Sizilien. Seit 1994 beschäftigt sie sich mit Flüchtlingspolitik, wobei sie vor allem zur Expertin für die italienische Flüchtlingspolitik geworden ist. Seit vier Jahren lebt sie in Palermo auf Sizilien und befasst sich vor allem mit der Situation der Flüchtlinge vor Ort und in Nordafrika. Sie reiste in das tunesische Flüchtlingslager Shousha an der libyschen Grenze, nach Lampedusa und in die verschiedenen Erstaufnahmelager (CARAs), Abschiebelager (CIEs) und Asylzentren Siziliens, um sich ein Bild über die Lage der Flüchtlinge zu machen.

Aufgrund des Beweisbeschlusses des VG Braunschweig verbrachte sie im Oktober 2012, zusammen mit Alexa Magsaam (Praktikantin bei borderline-europe e.V.), neun Tage, vom 18.10.12 bis 26.10.12, zu Recherchezwecken in Rom. Dort konnte sie sich einen Überblick über die Lebensumstände der dort lebenden Asylsuchenden und schutzberechtigten Personen verschaffen. Außerdem traf sie sich mit verschiedenen sozialen und kirchlichen Organisationen sowie Anwälten zur Besprechung der Lage vor Ort. Die in Rom gewonnen Erkenntnisse und Gespräche bilden, neben der Auswertung der überwiegend talienischen Fachliteratur und dem Austausch mit italienischen Experten, die Grundlage für dieses Gutachten.“
Bericht (pdf)

Broschüre “Vai Via!” Zur Situation der Flüchtlinge in Italien. Ergebnisse einer einjährigen Recherche
Februar 2013

“Vai Via!” lautet der Titel des Berichts zur Situation der Flüchtlinge in Italien. Vai Via bedeutet soviel wie “Verschwinde!”, und viele Flüchtlinge benutzen den Begriff um zu beschreiben, welche Erfahrung sie in Italien gemacht haben. Auf der Suche nach Unterkunft, Arbeit, Essen, Bildung, immer wieder hörten sie ein “Vai Via”.

Der Bericht ist Ergebnis einer rund einjährigen Recherche in den italienischen Städten Mailand und Florenz. Er beschreibt eindrücklich die äußerst prekäre Lage der Flüchtlinge in Italien und erklärt, wieso viele Flüchtlinge, trotz nomineller Anerkennung durch den italienischen Staat, nicht in Italien bleiben können, sondern in der Hoffnung auf ein würdiges Leben in andere Staaten der EU weiterziehen. Dort droht ihnen jedoch die Rückschiebung nach Italien, eine Erfahrung, die viele Flüchtlinge schon vielmals gemacht haben.

Der Bericht stellt einen Beitrag zur derzeit laufenden Debatte um den gegenwärtigen Zustand des Asylsystems in der EU dar und fordert eine Neuorientierung ein: Das Wohlergehen der Flüchtlinge muss wieder in den Mittelpunkt des Asylrechts gerückt werden.“
www.bordermonitoring.eu
***Die Broschüre ist auch in Papierform im Büro des Flüchtlingsrates Hamburg kostenlos erhältlich!***

Asylverfahren und Aufnahmebedingungen in Italien.
Bericht von Schweizerischer Flüchtlingshilfe und Juss-Buss
Mai 2011

Hintergrundinformationen zu den beteiligten Organisationen:

SFH: Die Schweizerische Flüchtlingshilfe SFH ist eine partei-politisch und konfessionell unabhängige Non-Profit-Organisation und der Dachverband der anerkannten Schweizer Flüchtlingshilfswerke Caritas Schweiz, Hilfswerk der Evangelischen Kirchen Schweiz (HEKS), Schweizer Arbeiterhilfswerk (SAH), Verband Schweizerischer Jüdischer Fürsorgen (VSJF) sowie der Schweizer Sektion von Amnesty International. Als Fachorga-nisation beteiligt sich die SFH am politischen Konsultationsprozess betreffend Asyl- und Migrationsgesetzgebung. Die SFH bietet ebenfalls rechtliche Beratung an und koordiniert das Schweizer Rechtsberatungsnetzwerk für Asylsuchende. Ausserdem übernimmt die Organisation die Ausbildung und Koordination der Hilfswerksvertretenden, die in Befra-gungen von Asylsuchenden als neutrale Beobachtende anwesend sind. Die SFH beobachtet systematisch Entwicklungen in Asylrecht und -praxis, erstellt Herkunfts-länderanalysen, engagiert sich in Bildungsprojekten und trägt zur öffentlichen Meinungs-bildung im Asylbereich bei.

Juss-Buss: Juss-Buss ist eine der Rechtsfakultät der Universität Oslo angegliederte, von Studierenden geführte juristische Hilfsorganisation. Sie wurde 1971 gegründet und unterstützt Personen, die ungenügenden Zugang zu juristischer Beratung haben, in rechtlichen Fragen. Die Organisation bietet jährlich in 5000 Fällen juristische Unter-stützung an. Zusätzlich ist Juss-Buss in Gesetzgebungsprojekten, Forschung und Bildung tätig.
Bericht herunterladen

Zur Situation von Flüchtlingen in Italien
Bericht über die Recherchereise nach Rom und Turin im Oktober 2010
herausgegeben im Februar 2011 von Pro Asyl

aus dem Vorwort:
Dieser Bericht dokumentiert die äußerst schwierigen Lebensbedingungen von Asylsuchenden und Schutzberechtigten in Italien. Der Schwerpunkt der Dokumentation liegt auf den Zuständen in Rom. Ganz ähnliche Problemlagen sind aus anderen italienischen Städten bekannt.

Die Schilderung der Lage der Betroffenen soll zur Verbesserung beitragen. Die politisch Verantwortlichen in Italien stehen in der Pflicht, endlich eine ausreichende Zahl an menschenwürdigen Unterbringungs- und Integrationsplätzen zu schaffen.

Der Bericht darf nicht als Vorwand für eine Räumung der besichtigten provisorischen Unterkünfte herangezogen werden, die das Einzige sind, das die Bewohner, denen ansonsten die Obdachlosigkeit droht, haben.

Bis Italien seinen Verpflichtungen nachkommt, hoffen wir, dass dieser Bericht dazu beiträgt, dass andere EU-Staaten bis auf weiteres von Abschiebungen nach Italien absehen. Letzteres haben bereits einige Gerichte – z.B. Verwaltungsgerichte in Darmstadt, Köln, Weimar, Kassel, Frankfurt, Freiburg und Minden sowie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte – in manchen Fällen als den einzigen derzeitigen Ausweg aus der prekären Situation gesehen. Mit dem Befund, dass die Zustände größtenteils menschenunwürdig sind, stehen wir nicht allein. Er wird auch von anderen Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen geteilt.

Bernd Mesovic
PRO ASYL
Bericht als pdf

Salvatore Fachile (ASGI) – Die Ideologie hinter der Dublin Regulation und die Katastrophe des Asylrechts in Italien

Rom, 28. Januar 2012 Interview mit Salvatore Fachile ASGI:
Salvatore Fachile (ASGI – Vereinigung für juristische Migrationsforschung) beschreibt die aktuelle Katastrophe des Asylrechts in Italien, einen Monat vor der neuen Deadline des sogenannten „Nord Afrika Notfall“ – Programms. Er verurteilt die Ideologie hinter der Dublin Regulation und liefert konkrete Vorschläge in Solidarität mit den europaweiten Protestbewegungen von Geflüchteten.

Videointerview with Salvatore Fachile (ASGI)
(mit Englischen Untertiteln – deutsche Übersetzung auf der selben Seite)